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Fakten zum Rückbau des Staudenhofs

17.01.2023

Das Thesenpapier zur Transformation des Staudenhofs nimmt auf ein Gutachten des Gutachters Puche Bezug und leitet aus diesem Gutachten ab, dass die „realen“ Sanierungskosten für das Bestandsgebäude Am Alten Markt 10 lediglich 6,5 Mio. € betragen und damit ca. 10 Mio. € niedriger seien, als von der ProPotsdam im Variantenvergleich öffentlich dargestellt.

Um das Gebäude Am Alten Markt 10 zurückbauen zu können, mussten im Vollzug des SVV-Beschlusses über den Rückbau des Staudenhofs die bestehenden Mietverhältnisse beendet werden. Dies konnte nur im Rahmen sogenannter „Verwertungskündigungen“ erfolgen. Für eine Verwertungskündigung musste nachgewiesen werden, dass der Abriss des Gebäudes und ein anschließender Neubau die einzige wirtschaftlich vertretbare Möglichkeit der Verwertung des Grundstücks war. Dazu bedurfte es eines gutachterlichen Nachweises, womit der Sachverständigen Prof. Dr. Puche beauftragt wurde. In dem Gutachten wurden mehrere Sanierungsszenarien betrachtet. Der Kündigung wurde schließlich das Szenario III „Herstellung der Marktgängigkeit“ gestützt. Der Gutachter selbst führt zu diesem Szenario aus: „Das Gebäude ist auch bei maximalen baulichem Aufwand (Rohbauzustand, Szenario 3) nicht dergestalt zu ertüchtigen, dass es den heutigen Anforderungen an den Wohnkomfort bzw. den energetischen Erfordernissen genügt.“

Die aus dem zitierten „Puche-Gutachten“ gezogene Schlussfolgerung, der Staudenhof sei für 6,5 Mio. € sanierbar, ist falsch!

Bei der gutachterlichen Kostenermittlung fehlen Kostenansätze z.B. für

- erforderlichen baulichen Brandschutz nach heutigen Sicherheitsanforderungen (z.B. 2. Fluchttreppenhaus, Bildung von Brandabschnitten)

- energetische Sanierung, um wenigsten KfW70 Standard zu erreichen

- Sanierung von Heizung- und Sanitäranlagen

- Anpassung der Außenanlagen an das geänderte Straßenniveau

- Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit

- Rückbau und Wiederherstellung der definitiv nicht mehr nutzbaren Balkonanlagen

da bereits die wesentlich geringeren bezifferten Sanierungskosten von 6,5 Mio. € zu einer Unwirtschaftlichkeit der Sanierung aus Sicht des Gutachters führte. Weitergehende Untersuchungen und Kostenkalkulationen waren deshalb für den mit der Einholung des Gutachtens verfolgten Zweck (Begründung der Verwertungskündigung) nicht erforderlich.

Bei Berücksichtigung der oben angegebenen, für eine langfristige Weiternutzung zwingend erforderlichen Sanierungs-/Modernisierungsmaßnahmen entsprechend der gesetzlichen Anforderungen ergaben sich wesentlich Kosten in Höhe von 17,9 Mio. €. Diese wurden von der ProPotsdam in der Anlage zur SVV-Vorlage „Variantenvergleich Sanierung/Neubau Block V“ dargestellt.

Die 6,5 Mio. € reichen auf keinen Fall aus, um die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zur Weiternutzung des Gebäudes zu finanzieren!

Die ProPotsdam hat die Inhalte des Gutachtens auch nicht verschwiegen oder der Öffentlichkeit vorenthalten. Im Rahmen des Ausspruchs der Verwertungskündigungen wurde das Gutachten jeder einzelnen Mietpartei vollständig ausgehändigt. Dies betraf nahezu hundert Mietparteien. Die vermieterunabhängige Mieterberatung im Staudenhof verfügte ebenfalls über alle relevanten Unterlagen.

 

Alle Fakten im Überblick:

Die Variante Transformation „Ergänzungsneubau Staudenhof“ ist:

- kostengünstig: Weil die Sanierung wesentlich kostengünstiger ist als Abriss und Neubau.

Nicht vergleichbar:

- wirtschaftlich: Weil der Einsatz von Fördermitteln gezielt und dauerhaft erfolgen kann.

Die Kritik an der Wohnungsbauförderung ist unsozial, durch Sanierung entsteht kein zusätzlicher Wohnraum: Dieser ist in Zeiten des akuten Wohnungsmangels dringend erforderlich

- sozial: Weil ein guter Teil der 1-Raum-Wohnungen mit sozial verträglichen Mieten erhalten und der Bestandsbau mit geringem Aufwand barrierefrei umgebaut werden kann

Die aus dem zitierten „Puche-Gutachten“ gezogene Schlussfolgerung, der Staudenhof sei für 6,5 Mio. € sanierbar, ist falsch! Bei dieser Kostenermittlung fehlen Kostenansätze z.B. für

- erforderlichen baulichen Brandschutz (z.B. 2. Fluchttreppenhaus, Bildung von Brandabschnitten)

- energetische Sanierung, um wenigsten KfW70 Standard zu erreichen

- Sanierung von Heizung- und Sanitäranlagen

- Anpassung der Außenanlagen an das geänderte Straßenniveau

- keine Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit

- Rückbau und Wiederherstellung der definitiv nicht mehr nutzbaren Balkonanlagen

Der Amortisationszeitraum von 17 Jahren ist nicht nachvollziehbar. Möglicherweise sind Finanzierungskosten, laufende Instandhaltung, Verwaltungskosten etc. nicht berücksichtigt. Eine Instandhaltungsrücklage für das Gebäude in Höhe von 2 Mio. € besteht nicht. Überschüsse aus der Hausbewirtschaftung wurden in den vergangenen zehn Jahren als Eigenmittel für Neubauvorhaben, etwa am Tiroler Damm oder Am Moosfenn (200 WE) eingesetzt.

- ökologisch: Weil bei der Sanierung und Ergänzungsbau eine geringe Menge an Energie verbraucht wird und keine Tiefgarage notwendig ist. Darüber hinaus wird durch eine höhere Dichte der Flächenverbrauch geringgehalten.

Der energetische Standard des Bestandsgebäudes ist sehr niedrig. Der durchschnittliche Energiebedarf im Bestandsgebäude liegt derzeit bei mindestens 106 KWh/m²/a. Da die Transformationsstudie nicht eine energetische Sanierung der Gebäudehülle vorsieht, bleibt es bei dem hohen Energiebedarf. Der Neubau wird im EH 40 NH Standard errichtet. Unter diesen Voraussetzungen wird die CO2-Bilanz über die Gesamtlebenszeit des Bestandsgebäudes deutlich schlechter als die eines Neubaus sein.

Hier widerspricht sich die Studie selbst: Der Verzicht auf energetische Mindeststandards bei Sanierung ist ökologisch deutlich schlechter als die Neubauvariante!

Im Übrigen ist bei der Errichtung von Ergänzungsbauten auch ein Stellplatznachweis zu führen. Bei der geplanten Grundstücksausnutzung dürfte das auch nur durch Errichtung von TG-Stellplätzen funktionieren. Außerdem könnte bei einer Befreiung von der Stellplatzsatzung auch ein Neubau ohne TG-Stellplätze errichtet werden. Dies liegt in der Entscheidung der SVV.

- klimafreundlich: Weil die Anbauten in Holzbauweise unproblematisch zu realisieren sind und CO2 binden.

Der Neubau könnte gleichermaßen realisiert werden, wenn die Sanierungsziele der Potsdamer Mitte angepasst würden. Dies führt in beiden Varianten zu einer höheren Klimafreundlichkeit, so dass sich diese in diesem Kriterium nicht unterscheiden würden.

- ressourceneffizient: Weil der bestehende Baukörper weiter genutzt wird.

Das schlechte Verhältnis zwischen Gesamt- und Wohnflächen (Anteil Nutzfläche 54%) im Bestandsgebäude wird konserviert. Eine Ressourceneffizienz ist fraglich.

- baukulturell wertvoll: weil mittlerweile allen klar ist, dass funktionstüchtige Gebäude nicht mehr abgerissen, sondern zukunftsfähig umgebaut werden müssen.

Das kommentieren wir nicht

Die Variante - Abriss und Neubau „Block V“ ist dagegen:

- teuer: Weil barockisierende Neubauten mit „Leitfassaden“ und „Gebäudepass“ auf ineffizienten und unflexiblen Grundrissen entstehen sollen.

Lediglich eine von zwölf Parzellen ist mit Leitfassade zu errichten. Die spezifischen Baukosten liegen ca. 10% über dem Durchschnitt. Den höheren Baukosten steht im Ergebnis ein höherer Immobilienwert mit besserem Nutzungspotential gegenüber.

- unwirtschaftlich: da aufgrund der geplanten Kleinteiligkeit, jede Gebäudeeinheit mit einer eigenen Erschließung mit Aufzug und Treppenhaus ausgestattet sein muss und eine neue Tiefgarage notwendig wird.

Die Erschließung der Wohnungen parzellenübergreifend durch gemeinsame Erschließungskerne wird durch die Gebäudepässe nicht ausgeschlossen. Die Erforderlichkeit der TG kann durch einfachen Beschluss der SVV aufgehoben werden.

- unsozial: Weil die unnötig hohe Förderung innerhalb von 20 Jahren verpufft.

Der Bindungszeitraum beträgt 25 Jahre im Neubau. In dieser Zeit profitieren die Mieter von der Mietpreisbindung. Auch danach wird die Mietentwicklung moderat bleiben, da sich die Wohnungen im kommunalen Bestand befinden. Im Falle einer geförderten Sanierung wäre der Bindungszeitraum fünf Jahre kürzer!

- unökologisch: Weil moderne Holz- oder Hybridbauten in einer barocken Anmutung nur schwer zu realisieren sind und die Vernichtung von großen Mengen an „grauer Energie“ erfolgt.

Nur eins von zwölf Gebäuden soll mit einer Leitfassade errichtet werden. Für alle anderen Parzellen lassen die Grundstückspässe eine moderne Architektur und damit auch Holz- oder Hybridbauten zu!

- klimaschädlich: Weil die Neubauten mit Tiefgarage nicht klimaneutral errichtet werden können.

Die Erforderlichkeit der TG kann durch einfachen Beschluss der SVV aufgehoben werden.

- verschwenderisch: weil nutzbare Bausubstanz vernichtet wird, um danach mit hohem Materialeinsatz neu zu bauen

Die Nutzungsdauer eines Neubaus liegt deutlich über der Restnutzungsdauer des sanierten Bestandsgebäudes. Außerdem wird im Rahmen einer komplexen Sanierung des Bestandsgebäudes ein erheblicher Teil der vorhandenen Gebäudesubstanz zurückgebaut.

- unzeitgemäß: da ein veraltetes Stadtbild nachgebaut werden soll, das keine Antworten auf Fragen der Gegenwart gibt

Das kommentieren wir nicht.

 

Anmerkungen zu Um- und Weiterbau von Ergänzungsbauten:

Die bauordnungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit lässt sich anhand der Studie nicht ohne weiteres nachvollziehen. Es bestehen große Bedenken:

ProPotsdam versucht die Skizzen maßstäblich nachzubilden, um anhand vermasster Plangrundlagen prüfen zu können.

Falls die Ergänzungsbauten nicht realisierbar sein sollten:

Mit Realisierung des Neubaus kann in zentraler Innenstadtlage zusätzlicher familiengerechter Wohnraum für mindestens 150 Personen mit niedrigem Haushaltseinkommen zu sozialverträglichen Mieten geschaffen werden!

 

Stellungnahme von Prof. Dr.-Ing. Manfred Puche zum Staudenhof-Gutachten vom 16.01.2023

Grundlage der Bestands-Untersuchung waren vergleichende Szenarien, die die Frage der grundsätzlichen Verwertung des Gebäudes im Fokus hatten. Insofern wurde das Szenario „wirtschaftlicher Weiterbetrieb“ nicht untersucht und dargelegt.

Im Gegenteil:

- es wurde zu den Fassaden, Loggien und Betonflächen nur auf akute Maßnahmen verwiesen, selbst die Standsicherheit wurde nur grob betrachtet
(Szenario I)

- zum Brandschutz wurde explizit darauf verwiesen, dass große bauliche Eingriffe in die Erschließungsbereiche erforderlich werden (Fluchtweglängen, keine abgeschotteten Flure …)

- die meisten der aufgezeigten Unzulänglichkeiten (10 von 12) sind auch im Szenario III nicht lösbar

Insofern liegt der Hinweis vor, dass auch bei der Sanierungsstufe „Szenario III“ weder die heute geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik (… der Bauordnung), noch der geforderte Gesundheitsschutz oder der einzuhaltende Sicherheitsstandard erreicht werden können. Insofern spiegeln meine
„€ 6,5 Mio.“ nicht die tatsächlich erforderlichen umfassenden Sanierungskosten wider, die zum marktgängigen und energetisch wettbewerbsfähigen Standard führen.

Das Video-Statement von Herrn Prof. Dr.-Ing. Puche: https://twitter.com/ProPotsdam

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